Geschwister Scholl Schule (Bad Laer, DE)
begrenzt offener Wettbewerb nach RAW 2004 (6/2010)
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Bild oben: Titelbild "wettbewerbe aktuell" (Alle Rechte verbleiben beim Urheber). Mehr zu dem Wettbewerbsbeitrag finden sie nachfolgend und in der o.g. Architekturfachzeitschrift ab Seite 56.

Städtebau
Eingebettet in die landschaftliche Umgebung der Kurstadt Bad Laer liegt am westlichen Stadtrand der Bildungs- und Freizeit-Campus mit Schwimmbad, Sporthalle, Grundschule und der Geschwister-Scholl-Schule. Im Norden und Osten begrenzen kleinkörnige Wohnbebauungen in offener Bauweise den Campus, im Süden befindet sich ein Kindergarten und weitere Gemeinschafts- einrichtungen in gröberer Körnungsgröße. Der markante Baukörper der Geschwister-Scholl-Schule bildet das städtebauliche Herz dieses Ensembles. Die geplante Erweiterung reagiert auf die gegebenen Strukturen, ordnet sich in Maßstab, Kubatur und Materialität in den Bestand ein und verzahnt behutsam das Gebäude mit seiner baulichen und landschaftlichen Umgebung.



Konzept
"Schule als Dorf." Die städtebauliche Vielfältigkeit von Raum, Struktur, Gefüge und Material eines Dorfes wird maßstäblich übersetzt und in die Typologie eines Schulgebäudes transformiert. Einzelne "Häuser", verbunden durch "Straßen, Gassen und Plätze" gruppieren sich um den "Marktplatz", der das "Herz" des Dorfes formuliert. Das "Theater am Marktplatz" verzahnt den Innen- und Außenraum und stellt als eingestellter Baukörper das Bindeglied zwischen dem Marktplatz und der "Festwiese" dar. Die Gemeinschafts- einrichtungen ergänzen den Marktplatz durch ihre zentrale Lage im Dorf und können den Raum bei Bedarf erweitern. Die zwischen den Häusern entstehenden Gassen und Plätze bieten differenzierten Raum für individuelle Lehr-, Lern, Ruhe- und Freizeitmöglichkeiten.

Die Innen und Außen ablesbaren, "freistehenden Häuser mit ihren Vorgärten" stärken die Identifikation mit Ihren "BewohnerINNEN" und sind deren Heimat in Ihrem eigenen Dorf. Die BewohnerINNEN lernen in den angebotenen Spannungsfeldern zwischen dicht und weit, hell und dunkel, glatt und rauh, großzügig und kleinteilig, warm und kalt, transparent und opak, "von und mit" Ihrer Architektur und können diese durch Ihr eigenes Schaffen individuell modellieren und gestalten.



Entwurf
Der Neubau der Geschwister-Scholl-Schule nimmt die vorhandenen Gebäudekanten in Flucht und Höhe auf und platziert sich zentral zwischen den beiden bestehenden Gebäudebauteilen von 1976 und 1996 und verzahnt die Gebäude an ihren Nahtstellen fließend. Die beiden Lernhäuser umschließen Geschossweise die gemeinsame Aula, die als zweigeschossiges Atrium mit Balkonen dem bestehenden Innenhof direkt angegliedert ist. Der Musikraum verzahnt als eingestellter Baukörper den Innenhof und die Aula und wird bei geöffneten Fassadenflanken zur Bühne für Feste, Veranstaltungen und gemeinsame Lehrveranstaltungen.

Der Kern beherbergt die gemeinsam genutzten Funktionsräume, dessen Innenfassaden mit Holz- und Glas-Schiebe- und Schrankelementen ausgestattet sind. Die beiden Multimediaräume können bei Bedarf miteinander verbunden und genutzt werden. Das Atrium lässt sich im Erdgeschoss, ebenfalls durch Schiebelemente, um die Fläche der beiden Multimediaräume erweitern. Die freigestellten Unterrichtsräume sind nach Ost und West orientiert, jeder einzelne Raum dreht sich individuell und ablesbar aus der Fassadenachse. Die dadurch entstehenden Zwischenräume, Erweiterungen und Nischen treten in einen spannungsreichen Dialog aus Raum und Zwischenraum als Mehrwert für individuelles Lehren und Lernen, sowie Ruhe und Freizeit im ganzheitlichen Kontext. Die Fachklassenräume im Erdgeschoss und die Ruhe- und Bewegungsräume im Obergeschoss bilden das Rückrat des baulichen Ensembles im Süden des Baufensters.



Konstruktion
Das Gebäude wird in herkömmlicher Stahlbetonbauweise mit Vorhangfassade hergestellt. Der Neubau übersetzt die bestehenden Klinkerfassaden in verschieden erdfarben gebrannte Terracotta-Lamellen, unterstreicht das lebendige Fassadenbild und lässt Raum für die individuelle Gestaltung der einzelnen Unterrichtsräume. Die Fenster werden als Pfosten-Riegel-Fassade aus gedämmten Aluminium-Profilen mit Schiebetür- und Oberlichtelementen mit Isolierscheibenverglasung hergestellt. Die Innenwandflächen erhalten einen hellen Kalkgips-Feinputz, der Boden wird im Kontrast zu den stumpfen Wand- und Deckenoberflächen mit Epoxidharz beschichtet und poliert. Die Einbauelemente sind aus Holz- und Glaselementen geplant, Schiebe-Trennwand-Systeme ergänzen die gewünschte Transparenz und Flexibilität des Raumgefüges. Der Einsatz einer Fußbodenheizung ist hygienisch und trägt zu einem angenehmen Raumklima bei.



Wirtschaftlichkeit, Nachhaltigkeit
Das Gebäude lässt auf Grund der Baustoffwahl eine gute Hygroskopie und Trägheit erwarten. Die Dämmung schützt das Gebäude vor rascher Auskühlung und Überhitzung. Die Be- und Entlüftung der Räume erfolgt manuell durch seine Benutzer und wird durch Lüftungsklappen im Atrium unterstützt. Auf Gebäudeautomation wird verzichtet, vielmehr wird Ressourcen schonend die Aktivierung von passiver Energiegewinnung angewendet. Der Einsatz der Fußbodenheizung erfordert eine geringe Vorlauftemperatur, lässt sich gut an das bestehende Fernwärmesystem anbinden und ist weitestgehend wartungsfrei. Zur Deckung des zunehmenden Strombedarfs kann auf der Dachfläche auf Wunsch eine PV Anlage installiert werden. Die Anforderungen der EnEV 2009 werden erfüllt.



Auszug aus dem Preisgerichtsprotokoll
"...Der Verfasser nimmt die vorhandene Struktur und die Fluchten des Bestandes auf und ergänzt sie mit seinem Neubau zu einer Gesamtfigur. Dabei wird für den Neubau eine eigenständige Formensprache entwickelt. Es
entsteht ein interessantes Miteinander von Alt und Neu. Im Inneren entstehen durch die geschichteten und gegeneinander verdrehten 'Häuser' spannungsreiche Raumsituationen und Durchblicke. Die zentral angeordneten Gemeinschaftsfunktionen stärken die Identität der Schule als Einheit... Der vorgestellte Entwurf stellt unter dem Motto 'Schule als Dorf' einen interessanten Beitrag dar..."

Ausloberin Gemeinde Bad Laer
Modellbau Objects Architekturmodellbau und Design, Lars Bucki
Fachberater VEEBA - Gebäudeenergieberatung und Energiemanagement Christian Nehdo
Mitarbeit Lucas Richter